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11 Dezember 2017

Schützt Kurkuma tatsächlich vor Alzheimer?

Kurkuma ist die Wunderwaffe schlechthin in der Prävention von Alzheimer, in Indien wo viel Kurkuma konsumiert wird gibt es angeblich kaum Demenzpatienten. Doch was ist dran an diesem wunderbaren Versprechen? Wir sind dieser Frage auf den Grund gegangen.


Der Kurkuma, auch gelber Ingwer genannt, ist eine krautige Pflanze die in den Tropen beheimatet ist und zur Familie der Ingwergewächse zählt. Der verdickte Wurzelstock enthält bis zu 5% Curcumin, dem Hauptwirkstoff der Kurkumapflanze und wird getrocknet und gemahlen als Pulver verkauft. In Indien wird Kurkuma bereits seit 4000 Jahren als Gewürz verwendet und ist eine der Hauptzutaten für Currypulver. Sein angenehm herber Geschmack macht Kurkuma als Gewürz auch in Europa immer beliebter.
Zahlreiche Gesundheitsprotale behaupten außerdem, dass das Curcumin im Kurkuma ein wirksames Mittel im Kampf gegen neurodegenerative Krankheiten wie Alzheimer ist. Etliche Studien zu diesem Thema belegen scheinbar diese Aussage. So wirkt Curcumin entzündungshemmend, antibakteriell, antioxidativ und schützt vor Krebs, Alzheimer und Diabetes. Ein perfektes Allheilmittel wie es scheint.



Doch betrachtet man diese Studien jedoch genauer merkt man, dass diese Versuche alle auf molekularbiologischer Ebene durchgeführt wurden, das heißt im Zellkulturexperiment oder als enzymatische Bioessays. Neuer Studien zeigten jedoch, dass einige dieser Tests nicht geeignet für Curcumin sind und falschpositive Ergebnisse produzieren. Selbst wenn ein Teil dieser Aussagen tatsächlich stimmen bleibt allerdings noch ein großes Problem bestehen: die Bioverfügbarkeit. Diese gibt Auskunft darüber, wie viel des Wirkstoffes tatsächlich im Zielgewebe ankommen. Hier zeigte sich leider, dass diese für Curcumin nahezu 0 ist. Die extrem instabilen Moleküle zerfallen in wässriger Lösung rasch zu wirkungslosen Spaltprodukten auch im menschlichen Körper wird Curcumin sofort nach der Aufnahme von Leber wieder zerstört. Eine indische Studie konnte jedoch zeigen, dass die Kombination von Kurkuma mit Piperin, einem Inhaltsstoff des schwarzen Pfeffers, die Bioaktivität des Curcumins stark steigen lässt. Hier ist jedoch Vorsicht geboten wenn gleichzeitig auch Medikamente eingenommen werden, da die Wirksamkeit dieser Präparate ebenfalls stark gesteigert werden kann [1]. Ein weiterer vielversprechender Ansatz zur Erhöhung der Bioverfügbarkeit ist die Formulierung von Mikroemulsionen bei denen Curcumin haltiges Öl in wenige Nanometer große Tröpfchen zerschlagen werden, die wesentlich besser vom Körper aufgenommen werden können [2].



Kurkuma ist als Gewürz ein fester Bestandteil der asiatischen Küche

Die Aussage der indische Subkontinent weise weltweit eine der niedrigsten Alzheimerraten auf geht auf eine Studie aus dem Jahr 2001 zurück. Die Autoren selbst jedoch weisen darauf hin, dass aufgrund der kurzen Dauer sowie verschiedener kultureller Einflussfaktoren die Daten nur bedingt Rückschlüsse auf tatsächliche Gegebenheiten zulassen [3]. Weitere epidemiologische Studien werteten die Datenlage erneut aus und kamen zu dem Schluss, dass in Indien nicht weniger Menschen an Alzheimer erkranken, sondern dass in den ländlichen Gebieten Indiens aufgrund der mangelhaften medizinischen Versorgung neurodegenerative Krankheiten oft gar nicht diagnostiziert werden [4]. Außerdem ist denkbar, dass die Erkrankten nicht so effizient versorgt werden können, früher versterben und somit wieder aus der Statistik fallen. Wiederum warnen die Autoren der Studien selbst vor einer Überinterpretation der von ihnen produzierten Ergebnisse [5].
Selbst wenn die Alzheimerraten in Indien tatsächlich niedriger wären als in Westeuropa ist es dennoch sehr willkürlich zu behaupten, dass dieser Umstand allein vom Kurkumakonsum herrührt, obwohl noch tausende andere Faktoren eine Rolle spielen könnten. Ein möglicher Wirkmechanismus wäre zwar beispielsweise die hemmende Wirkung von Curcumin auf Entzündungsprozesse die im Zuge einer Alzheimererkrankung im Gehirn auftreten. Eine weitere Theorie besagt, dass Curcumin das Immunsystem stimuliert und den Abbau von Amyloid Plaques, einem Risikofaktor für Demenz, beschleunigt [6]. Allerdings muss gesagt werden, dass keine einzige kontrollierte, doppelblinde klinische Studie diese Thesen in der Praxis bestätigen konnte [5]




Fazit:
Obwohl es Hinweise gibt, dass Inhaltsstoffe von Kurkuma gesundheitsfördernd wirken könnten, fehlen jedoch noch Beweise aus klinischen Studien. Das größte Problem ist die schlechte Aufnahmefähigkeit von Curcumin aus der Nahrung in den Körper. Neue Verarbeitungsmethoden könnten hier Vorteile schaffen. Vorsicht ist bei der Kombination mit Piperin oder Pfeffer Extrakt, wie man es häufig in Kurkuma Supplementen aus dem Internet findet, geboten. Diese Kombination kann zwar die Wirksamkeit des Curcumins erhöhen, jedoch auch zu schweren Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten führen. Man sollte Kurkuma also in erster Linie als leckeres Gewürz entweder pur oder als würzige Currymischung für ausgefallene Gerichte sehen und nicht als wirksames Mittel gegen Alzheimer.
 
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Quellen und weiterführende Links:
[1] G. Shoba et al.: Influence of Piperine on the Pharmacokinetics of Curcumin in Animals and Human Volunteers. In: Planta Med, Volume 64, Issue 4, 1998, S. 353–356. doi:10.1055/s-2006-957450
[2] Henrotin, Y., F. Priem, and A. Mobasheri, Curcumin: a new paradigm and therapeutic opportunity for the treatment of osteoarthritis: curcumin for osteoarthritis management. Springerplus, 2013. 2(1): S. 56.
[3] V. Chandra, R. Pandav, H.H. Dodge, J.M. Johnston, S.H. Belle, S.T. DeKosky and M. Ganguli: Incidence of Alzheimer’s disease in a rural community in India. The Indo–US Study. Neurology. 2001 Sep 25;57(6):985-9
[4] Ferri CP(1), Prince M, Brayne C, Brodaty H, Fratiglioni L, Ganguli M, Hall K, Hasegawa K, Hendrie H, Huang Y, Jorm A, Mathers C, Menezes PR, Rimmer E, Scazufca M; Alzheimer's Disease International. . Global prevalence of dementia: a Delphi consensus study. Lancet. 2005 Dec 17;366(9503):2112-7.
[5] Kathryn M. Nelson , Jayme L. Dahlin, Jonathan Bisson, James Graham, Guido F. Pauli , Michael A. Walters. The Essential Medicinal Chemistry of Curcumin. J. Med. Chem., 2017, 60 (5), pp 1620–1637
[6] Yan He, Yuan Yue, Xi Zheng, Kun Zhang, Shaohua Chen, Zhiyun Du. Curcumin, Inflammation, and Chronic Diseases: How Are They Linked?. Molecules 2015, 20, 9183-9213; doi:10.3390/molecules20059183
https://www.snopes.com/turmeric-prevent-dementia/

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